Samstag, 2. September 2017

Datt schwatte Meer


Ein herzliches Moin Moin aus der langsam herbstlich werdenden Landeshauptstadt!
Gestern hatte ich endlich die lang erwartete Ehre, auf einer der coolsten Bühnen zu stehen, die ich je gesehen habe: die Bühne vor dem Kupolofen im Kunstwerk Carlshütte in Büdelsdorf!
Auch wenn ich mich im Halbfinale gegen eine fantastische Ilka Brüggemann geschlagen geben musste war es ein wunderbarer Abend mit coolen Leuten :) Den neuen Text möchte ich euch natürlich auch nicht vorenthalten: Vorhang auf und Bühne frei für "Datt schwatte Meer"!



De Geschichte vunt schwatte Meer

Ik sitt an de Strand, een Logerfüer knistert und schickt kommodige Wärme inne Runde. Mien Fründe sitten um mi rum und wi klönen und hemm Spoß, eegentlich. Datt Meer rauscht nich wiet entfernt und datt rükt no Summer, no verkokelte Holt vunt Füer, no Saltwater und no Sunnencreme op sunnenwarme Hut. Eegentlich schull ik glücklich ween hier, twischen mien Fründe, de Lüüd, de de stürmische Küstenstadt to mien nüe Tohuus makt hemm. Eegentlich. Ik fööl mi hier wohl, de sunnenwarme Sand ünner mien nackte Fööt is Tohuus, datt leise Geklimper vun een Gitarre, de liese Küstenwind, de nümmers still steiht. Avers dor is watt in mie, datt mie nie ankomen lätt. Een schwatte Meer, datt jümmers in mien Kopp henn und her schwappt und mie bi de unmöglichsten Gelegenheiten piekt und piesackt wie een opsässige Strandkrabbe. Datt arbeitet unünnerbroken in mi und lätt mie keen Ruh. Makt, datt ik nie vollständig irgendwo ankumm. Wenn ik tohuus bin, will ik wech und wenn ik wech bin, will ick weller nah Huus. Und in regelmäßige Abstände will ik eenfach nur wech vun alles, vun mien Fründe, vun mien Studium, ut düsse Stadt, ut düsse Leven. Mien Fründe ünnerholen sik unbeschwert över de nächste Party, datt nächste Wuchenende, doch ik kiek in Gedanken versunken ruut op Water, wo de Sünn langsam int Meer versinkt. Datt Meer tröstet mi, jümmers. Wenn datt schwatte Meer in mien Kopp besonders dull wogt und schümt kumm ik ant Meer und laat mi weller beruhigen vunne stoische Gliekförmigkeit vun Wellen und Wind, vun Ebbe und Floot. Denn beruhigt sich ok datt schwatte Meer. Doch in Tieden wie düsse helpt nichtmol datt Meer. In mien Leven is Springfloot und Sturm gliektiedig. Ik verleer de Bodenhaftung und steck gliektiedig in Driefsand fast. Datt is ton rammdösig warrn!
Gefrustet stoh ik op und flüchte, ik kann datt fröhliche Geklöne nich mehr hören, datt Geklimper vunne Gitarre is to luut in mien Kopp, wo datt schwatte Meer wütet und schümt. Ik gah rünner na de Tiedenkant, laat mie de Wogen över de Fööt spölen. Datt Water is kold, aver angenehm. Av und to kittelt mi Tang an de Fööt oder groffe Kies spölt um mien Fööt, beför de Brandung em mit int wiede Meer trick. Ik atme deep dörch und versöök, weller kloor to warrn. Datt giv överhaupt keen Grund, hüt Avend truurig to ween. Mien Fründe sünt door, datt is warm und de Wind is tamm hüüt. Und datt is datt Schlimmste: Datt ik sülvst nich weet, watt egentlich los is. Ik heff alles, und doch kumm ik nie to Ruh. Ik kann doon und laten watt ik will, jümmers heff ik datt Geföhl, datt irgendwatt fehlt, irgendwatt verkehrt is. Avers ik kann de Finger nich dorop legen.
Datt wart jümmers düsterer an mien eensame Platz direkt an de Tiedenkant. Blass steiht schon de Mond ant Heben und ik stier jümmers noch wie hypnothiseert op’t Meer ruut, ohne irgendwatt bestimmtes to sehen. De Oberfläche wart schwatt inne tonehmende Dämmerung. Ik sinneer doröver, wie veel ünner de Meeresoberfläche schwimmt, watt wi nich kennen. Datt is villich ok better so. Biller vun dribende Geisternetze kopp mi inne Kopp, vun verendende Delfine und Schwienswale in Fischernetze, de Doot luurt ünner Water, wenn du nich bannich oppasst. Mien Hart wart noch schwoorer. Datt Meer weer jümmers am meisten vun allem mien Tohuus und de Minsch zerstört datt mit wahnsinnige Präzision. Ik laat mi inne Sand fallen. Datt schwatte Meer schwappt höher und löppt irgendwie ut mien Ogen ruut. De Oberfläche is nich nur schwatt, sondern tooch und ölig, wie nah een Tankerunglück. De Schmeer kleevt överall fast in mien Kopp und lett mi nicht mehr denken. Und weller hett datt schwatte Meer fast gewunnen. Doch nur fast, noch schwimm ik dorgegen an.
Datt du plötzlich neben mi sittst, heff ik garnich markt. Erst, als du mi een Taschendook henhälst, kiek ik hoch und sofort kumm ik me albern vör. Doch du seggst keen Wort, tövst nur gedulgig, bit ik mie de Nees putzt heff und di weller ankieken kann, ohne datt du verschwummen büst. Solang kickst du op Meer rut, ganz in dien eegene Gedanken versunken. Ik weet, datt du datt Meer so leevst as ik. Und di uk oft Gedanken makst, watt wie düsse Kostborkeit andohn.
Du versteihst.
Wenn uk nich datt schwatte Meer, aver mien Angst um mien Tohuus und datt Geföhl, machtlos to ween. As ik mi weller beruhigt heff, kickst du mi an und lechst de Kopp scheef, fast as bruktest du mol een annere Perspektive. Ik zuck verlegen mit de Schullern und kiek die bedrüppelt an. “Keen gude Dach hüüt?”, frogst du nur.
Ik schüttel de Kopp und irgendwie löpp datt schwatte Meer schon weller ut mien Ogen ruut, wiel datt in mien Kopp schümt und brodelt. Du blivst ruhig, kennst datt all. Du tövst av, drängelst nich. Irgendwann warr ik ruhiger, kann weller een Silberstreif anne Horizont sehen. De schlimmste Sturm is vörbi, föör hüüt. Hoffentlich. Obwohl ik all siet Johren mit de Kabbelien in mien Kopp leven mutt, datt is jedes Mol weller so schlimm wie anne Anfang. Denn so is datt. Mol löppt datt, mol löppt gor nix. Man löppt und löppt und kummt schienbor nie wieter. Doch man kann dormit leven. Denn nah jede Sturm wart datt bekanntlich uk weller ruhiger. Mutt je, nech. Und as de Sünn int Meer versinkt, giv de schwatte Supp in mien Kopp siet lange Tied endlich mol wedder Ruh. Tomindest för een kotte, kostbore Oogenblick.

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