Sonntag, 16. Oktober 2016

Heimatmeer

Ein herbstliches Moin Moin aus dem Norden Schleswig-Holsteins!
Ich hatte gestern Abend das Vergnügen, beim Brodelpott Slam im Kulturhaus Walle in Bremen aufzutreten und den Zuschauerpreis zu gewinnen, der aus einer Dose "Bremer Knipp" bestand.
Ich danke dem wahnsinnig euphorischen Publikum an dieser Stelle für den Applaus und die netten Worte in der Pause, das erfreut das Künstlerherz sehr!
Aber nun genug der langen Vorrede und Vorhang auf für "Heimatmeer", den Text, der gestern im "Brodelpott" Premiere feierte und allen gewidmet ist, die es auch nach langen Fernreisen und Auslandsaufenthalten immer wieder zurück an die stürmischen Küsten des Nordens zieht. Außerdem gewidmet der Insel Amrum, die unbekannterweise der Sehnsuchtsort in diesem Text ist.

Quelle: commons.wikimedia.org/wiki/File:Dünen_vor_Süddorf_auf_Amrum.JPG


Heimatmeer


Du ligst an de Strand in een Düne, schulst di in de Windstille twischen de harten Grashalme. Noch vörhin hest du nern an de Spölsuum vunt Meer stohn, staunend vör de urtümliche Kraft vun de Wellen, de nimmermeud an de Strand brusen und di Gischt schmecken laten.
De Wind hett fiese Matenten vör, so as jümmers in disse merkwürdige Johrestied twischen Summer und Harvst. He driff Schabernack mit di und wuschelt di dörch de Hoor. Toverlässig kolt, soltig und nah Algen duftend.
Du hest Steene int Woter schmeeten und tokeeken, wie se in de Floten verschwunnen sünd. Wind und Wogen hemm di beobachtet und di gefungen holen in emme ole Leed.
Du leevst datt Meer, hest datt all jümmers dahn und för allem an Daag wie disse spörst du datt weller ganz besünners. Schon als du düsse Urgewalt datt erste Mol sehen hess, weer dien Hart inne Dünen verloren und dor lich datt noch.
De Sünn is jüst dorbi, in een indrucksvolle Farbenspill int Meer to versinken.
Du sühst Gold, Rot, und bald een samtige Blau door, wo de Sünn nich mehr hennlangt.
Bienoh muss du de Klüsen dichmoken bi disse verschwenderische Pracht.
Doch erst, als de rote Füürball achter de Horizont verschwunnen is, wendest du din Blick af und kickst in‘n Heben, wo de ersten Sterne silbrig opblitzen und op di rünnerkieken, als wullen se di beschützen. Du schmusterst in di rin und verleerst di int Düstern und datt Geföhl vun‘n köhlen Sand ünner di.
De Strand is minschenleer, keeneen stört di in dien Gedanken.
Se wandern fort, an annere Strände, nah annere Minschen, de du leev gewunnen hest.
Ok wenn du in düsse Moment an keen annere Ort op de Welt ween muchst, trick di datt doch fort in fremde Städte, na annern Minschen, de du schon kennst oder erst noch kennen lehren warst.
„Allens fließt“, schall de Philosoph Heraklit eenst seggt hemm.
Du sinnst doröver nah und stimmst emm ut vullen Harten to.
Du bist een annere worn, sietdem du datt letzte Mol an düsse Ort weerst, und doch bist du densülven bleven. Datt Meer is een annere, und doch is‘t datt sülve bleeven.
Obwohl de See een Inbegriff fört Unbeständige is, een Sok wart sik nie ännern: Datt Meer is tröstlich und lett di ruhig warn, indem du begrippst, datt du de Loop vun de Tieden nie warst ännern köhn. Du kannst blots nahgeven und di datt Meer anvertruhen und hoffen, datt de blanke Hans datt good mit di meent.
Und datt wart he. Du hest een stabile Boot und hest de Johren över genuch Erfohrung sammelt um de Klippen to umschiffen, de datt Leven di för de Fööt schmitt.
De Tiet wart weeten, watt se mit die vörhett. Datt ward nich immer eenfach ween, doch eer Loop wart dorför sorgen, datt du nicht stohen blivst und nie weller as de glieke Minsch, de du nu büst, an düsse Strand torüch kummst.
Datt Leven ward Sporen achterlaten, villich ok Narben, avers datt Meer ward se heelen, as datt datt all jümmers dahn hett.
„Allens fließt“, schall Heraklit eenst seggt hemm. Du grienst, als du doröver nadenkst und op de Geräusche luurst, de datt Meer vun sik giv. De Brandung hett eer eegen Leed; datt Rieben vun de Sand und de Steene övernanner, datt Schümen vun de Gischt, datt Süseln vun de utlopenden Wellen open Strand, datt machtvulle Breken vun de Wellenkämme kott vör de Tiedenlinie.
Datt Meer fließt nicht, nicht hüüt.
Datt brandet, datt wogt, avers vunn ruhigen Fluss kann keen Rede ween. Datt Meer is unruhig, als würde datt ebenso ungeduldig op de eersten Harvststürme töven, wie du op dien Opbruch in de grote, wiede Welt tövst.
In di brandet Fernweh op, mit mächtige Wogen, und de Gischt schient bit nah de Sterne to fleegen.
Du makst de Klüsen to und sühst vor dien innere Oog erst wiede Meer und denn Land.
Faszineerend und vuller Möglichkeiten, de du eerst noch entdecken warst.
Du erinnerst di an de Statue von Christoph Columbus, de an de sunnige Küst vun Barcelona steiht und stulz op Meer rutkick. Du kannst good nahföhlen, watt he eenst dacht him mutt.
Du brennst dorop, allens achter di to laten und nü antofangen, wenigstens een Tiet lang.
Avers du weetst ook, datt dien Heimat jümmers hier siin ward, inne hohe Norden an de stürmische Küste bi de Minschen, de hier leven.
Se sind wortkarg, een beeten spröde, aver jümmers ehrlich und bodenständig. Wenn du torüchkummst warst du zwar een anndere ween, avers för dien Familie warst du doch densülven bleven siin.
Langsam schweifen dien Gedanken torüch int Hier und Jetzt.
Datt is vullständig düster, in de Ferne sühst du in regelmäßige Abstände datt opblitzen vunn een Lüchtfüer.
Averdusende Sterne blinkern intwischen vunn Heben dahl, dortiwschen av und to een eensame Flugzeug, datt, ferne Orte ton Ziel, dörch de Nacht flüch.
Du settst di op, kloppst de Sand vun dien Kleedosch und geihst noch een Mol rünner nah datt Water.
De Wind hett sik beruhigt und zuppelt nur noch sacht an dien Hoor. De Wogen branden gliekmäßig an‘n Strand, hemm emme Wildheit verloren. Und doch sprüht di av und to noch een beeten Gischt entgegen und drich de Geschmack vunne See op dien Lippen.
Du geihst in de Knee, nimmst een flachen Steen und schmittst emm in de Wellen. Datt is to düster, um to sehen, wo he landen deit, doch datt is nu ok nich wichtig.
Du nimmst noch een deepe Atemtoch und dreihst datt Meer denn de Rüch to, geihst dörch de Dünen torüch und föhlst een lütten Stich int Hart. Wenn du weller kümmst, wart datt Meer een anneret ween. Doch it wart door ween.

Weil allens fließt.

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