Ein herzliches Moin Moin aus dem hohen Norden!
Der Platt Poetry Slam, für den ich im vorletzten Post so fleißig Werbung gemacht habe, war ein voller Erfolg. Mit folgendem Text habe ich den Einzug ins Halbfinale klargemacht, musste mich dann aber einem "alten Hasen" im Geschäft geschlagen geben.
Steernsnuppen
Datt
is de Nacht vun de 11. op de 12. August 2016 irgendwo in
Norddütschland.
Eegentlich
wull ik jüst to Bett gahn, avers denn fallt mi in, datt datt buten
een Hupen Steernsnuppen to sehen giv hüüt Nach.
Also
stell ich mi in mien Pyjama ant opene Fenster und kiek ruut. Dat is
bannig kold buten, fast schon arktisch, ok wenn datt erst August ist.
Langsam
gewöhnen sik min Oogen ant Düstere buuten und ik kann immer mehr
Sterne erkennen. Erst een poor, denn immer mehr, irgendwann de ganze
Melkstraat. De grote Wogen, de lütte Wogen, de Delphin.
Als
de erste Sternsnupp de Heben langflügg, wünsch ik mi ohne grote
Nodenken Glück int Leven för mi und mien Familie. Bi de tweete een
gute Abschluss an de Universität. Erst denn fallt mi op, datt datt
seker Wichtigeres und Nötigeres giv als mien persönliche beeten
mehr Glück. Ik leev in een sekere Land, min Familie und ik sind
gesund, wi hepp watt to eeten und een Dak över de Kopp.
Bi
de dritte wünsch ik mi Freeden op de Eer und genuch to Eeten und een
Dak över de Kopp för alle, de nichtmol datt Wichtigste ton Leven
hepp.
Datt
is de Nacht vun de 11. op de 12. August 2016 irgendwo op een Insel in
Griechenland. Een junge Mann sitt an een lütte Füür in vör
datt Zelt, datt he mit veele annere Männer deelen mutt. In de datt
jeden Abend kolt ist und tocht. To Eeten hett he nicht veel, avers he
will und kann hier nich wech. Hett so veel riskeert bi sien Flucht
över datt Mittelmeer, in nix anneres als een Schlauchboot. Twee
annere Lüüt hepp datt nicht överleevt. He hett Glück hatt. Und
doch sitt he jetzt hier, kick vertwiefelt in‘n Heben und süüt de
erste Sternsnupp. He wünscht sik, sien Familie endlich weller to
sehen oder tomindest to weeten, op se noch leevt dröben in Syrien,
wo jede Dach de letzte ween kann und wo Bomben und Scheeterien to
Normalität worrn sind. Bi de tweete Sternsnupp wünscht he sik
genuch to eeten und endlich een Utwech ut datt Zelt mit datt
funzelige Füür dorvör. Bi de dritte wünscht he sik Freeden und
Leev för alle Minschen.
Datt
is de Nacht vun de 11. op de 12. August 2016, irgendwo in Sachsen.
Een arbeitslose Mann Mitte 50 torkelt ut de Kneipe no buten in de
sternenklore Nacht. Hee kick no boben und süht tofällig de erste
Sternsnupp. He wünscht sik sien Arbeit torüch, vun de he glövt, de
Utländers harrn em de wechnahmen. Bi de nächste Sternsnupp wünscht
he sik een höhere Wohlergebnis für de AfD und mehr Leev vun sien
Fruu, de emm mit de Moors nicht mehr ankick, sieht he arbeitslos is
und jede Avend besopen und stinkend ut de Kneipe kummt. Bi de dritte
wünscht he sik Freeden, dormit de Utländers door blieven, wo se to
Huus sind.
Datt
is de Nacht vun de 11. op de 12. August 2016, irgendwo in de Türkei.
Een
Journalist sitt in Düstern in sien lütte Stuuv un luurt ängstlich
op de Geräusche in de Straten. To oft sind in de letzten Dooch
Polizisten dörch de Gegend trucken und veel to veele vun sien
Kollegen sitten int Gefängnis, weil se op frie Meenungsäußerung
bestohen hemm und sik nicht inschüchtern laten wullen vun een Mann,
de verantwortlich is för Grootdemonstrationen de fast utsehen wie
Dütschland 1939. Datt makt em Angst, aber he kann nicht anners, als
watt dorgegen to doon. Wenigstens een lütte Beeten. He süht datt
als sien Pflicht, de Lütt in de Welt to vertellen, watt in düsse
Land passeert. Datt is nicht mehr sien Land, sien Heimat is em fremd
worn. He kick ruut ut dat lüttje Fenster und als he de erste
Sternsnupp süht, wünscht he sik Frieheit för sien Land und een
Stück wiet för sik selber. He will sien Beruf weller nagahen kön,
ohne sik to verstecken.
Bi
de tweete Sternsnuppe wünscht he sik Gesundheit för sien Familie,
de he all lang nicht mehr sehen hett, ut Angst, de Regeerung würde
sien Familie mit insperren, wenn se emm to packen kriegen doot.
Bi
de dritte Sternsnuppe wünscht he sik Weltfreeden, dormit he endlich
mol watt anneres to berichten hett als datt schon wedder irgendwo een
Anschlag passeert is, de dutzende Minschen in de Doot redden hett.
Datt
is de Nacht vun de 11. op de 12. August 2016, irgendwo in een
behelfsmäßige Krankenhuus in Syrien.
Een
Doktor nimmt erschöpft sein Mundschutz af und lehnt sich mit de Rüch
an een noch halbwegs heele Wand. Neben em de leevlose Körper vun een
Kind. He kunn nix mehr doon. De lütte Jung und sien Bröder weern
buten to speelen twischen de Trümmer, als datt Viertel bombardeert
woor. De beiden Bröder hepp de schwor verletzte Jung in datt
Krankenhuus bröcht, datt düsse Nom eegentlich gor nich verdeent.
Twischen Klappstöhle und provisorische Vörhänge hett he um datt
Leeven vun de lütte Jung kämpft und doch verloren. Wie schon veel
to oft in de letzten Monate. He kick vertwiefelt in de Nachthimmel
und süht de erste Sternsnupp. Instinktiv wünscht he sik Sicherheit
und Gesundheit för sik und sien Familie. Bi de tweete Sternsnuppe
wünscht he sik weniger Fälle wie düsse in de nächste Tiet. Und bi
de dritte wünscht he sik Freden, endlich Freden.
Datt
is de Nacht vun de 11. op de 12. August 2016.
Ik
mok datt Fenster weller to, denn datt is kolt worrn. Veel to kolt för
August. Ik gah to Bett und denk bi mi: „De Welt kann nicht ganz
schlecht ween, wenn wi Hoffnung schöpfen kött ut verglühende
Steene in de Atmosphäre. Trotzdem weer datt bannig Tied fört
Utbreken vun de erste Weltfreeden.“
Freeden,
endlich Freeden.
Peace
out!
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